Spielend arbeiten?
Teil der Digitalisierung und somit auch der Arbeitswelt sind Elemente wie Gamification, zu Deutsch „Spielifizerung“. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff, was können wir darunter verstehen und vor allem: wie können wir das Konzept richtig nutzen? Um Klarheit zu schaffen, haben wir bei den Spielentwicklern von www.koboldgames.ch nachgefragt, der Code Wizard und Treasury Manager Ralf beantwortete unsere Fragen.
Ihr seid Game Designer. Bei vielen Menschen ruft das Wort Game immer noch merkwürdige Assoziationen hervor: digitale Ballerspiele, merkwürdige Realitätsverweigerung, ungewaschene, Teenager. Das ist selbstverständlich nur ein blödes Vorurteil. Spielen fördert die die kognitive Entwicklung, wird in der Pädagogik auch als Lernmethode gezielt eingesetzt. Auch fördert es die motorischen Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen, online oder auf dem Pausenplatz.
Inwiefern stimmst du der letzten Behauptung zu oder nicht?
Das stimmt absolut. Zu diesen Themen gibt es auch bereits Studien, die das eindeutig belegen. Ein wichtiger Punkt ist für mich auch die Motivation. Das kennen wir alle. Wenn man Spass an einer Sache hat, ist man bereit, mehr Zeit zu investieren, was am Ende zu positiveren Resultaten oder grösseren Fortschritten führt. So haben Spiele (digital und analog) zum Beispiel auch einen messbaren positiven Einfluss im Bereich der Rehabilitation.
Im Zuge der Digitalisierung hat sich vieles in unserer Wahrnehmung verändert, die Welt ist neu, komplexer und vielfältiger. Mehr Informationen, neue Wege zu kommunizieren und zu lernen. Wo siehst du das Spiel oder – genauer – die Gamification in diesem Zusammenhang?
Jedes Spiel ist eine eigene kleine Welt, die durch die Spielregeln definiert wird. Als Spielentwickler ist es meine Aufgabe, diese Welt und ihre Regeln so zu formen, dass meine Spieler die gewünschten Erlebnisse erfahren. Im digitalen Bereich habe ich mehr Werkzeuge zur Verfügung, diese Spielwelt zu beschreiben, bebildern und vertonen. Das Medium Spiel kann hier dieselben Vorteile der Digitalisierung nutzen wie auch andere Medien. Schneller und ortsunabhängiger Zugang, Verarbeitung grosser Datenmengen oder komplexe Inhalte erlebbar machen. Es ist aber keineswegs darauf angewiesen. Es gibt viele Bereiche, in denen sich die analogen Elemente eines Spiels nicht einfach wegdenken lassen, wie zum Beispiel im Sport oder in einem Sandkasten.
Wie geht ihr vor bei einem Auftrag von einem Kunden, der ein spielerisches Element an zum Beispiel einer Konferenz oder einer Messe einsetzen will? Worauf muss man achten? Wie viel Vorwissen muss der Kunde mitbringen?
Der Kunde bringt vor allem die Fachkenntnisse aus seinem Herkunftsgebiet und ein Wissen über seine Zielgruppe. Was die spielerischen Elemente und die technischen Möglichkeiten anbelangt, so muss kein Vorwissen vorhanden sein. In einem gemeinsamen, von uns offerierten Workshop, schauen wir diese Punkte an und bringen sie in Einklang mit den gewünschten Kundenzielen. Diese Grundlage dient dann auch als Basis für eine Aufwandschätzung.
Ist Gamification an einer Konferenz nicht eher eine Ablenkung von den tatsächlichen und wichtigen Inhalten?
Ich sehe Gamification an Events als Ergänzung und nicht als Ablenkung. Ein wohl geplantes und gut platziertes Spiel kann einen Event begleiten oder punktuell für spannende Interaktionen sorgen. Es hilft sogar mit, den Fokus auf die wichtigen Inhalte zu lenken.
Warum sollte sich eine Firma dazu entscheiden, Gamification einzusetzen? Ist das nicht ein Widerspruch zur seriösen und effizienten Arbeit?
Das grosse Potential sehe ich in der Motivation. Gamification bedeutet nicht, dass Inhalte weniger seriös oder ineffizient präsentiert werden. Gamification bedeutet viel mehr, dass ein bestehendes Thema über eine andere Art zugänglich gemacht werden kann. Dadurch entstehen emotionale Erlebnisse, welche zu einer nachhaltigeren und motivierten Auseinandersetzung mit einem Thema führen. Die Anwendungsfelder im Businessbereich reichen von Teambildung über die interne Kommunikation, Datenerfassung, Prozesserleichterung bis hin zu Weiterbildung und Aufmerksamkeitsgenerierung.
Vielen Dank für deine Zeit und die spannenden Einblicke in die Materie, Ralf.
Bild: Markus Spiske, raumrot.com CC0
Published 22.06.2017 © Brandsoul AG
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